heyer thurnheer
Publikum-Korridorinstallationsbegehungs-Performance
Walking in the yellow
Korridorinstallation 2003-2007 Performances seit 2007

Publikum-Werk-Besprechung  Karel van der Voss

Insofern weist diese als Performance deklarierte Begehung einer Korridorinstallation auf einen alltäglichen Akt des Bilder und Bildsequenzen miteinander Verknüpfens hin, bewegt sich ja doch der Mensch immer räumlich linear, korridorartig herum und verknüpft andauernd visuelle und allgemein Sinneseindrücke auf irgendeine Weise miteinander zu einer Art in der Erinnerung abgespeichertem Film und ist somit vor allem Protagonist in einer eigenen Geschichte und als solcher auch Autor dieser Art Bild- und Erlebnisgeschichte, Bewusstseinsgeschichte und Bild- und allgemeinen Eindrücke-Verknüpfungaktion.

           Beim Film,  bei einer filmischen Verarbeitung von Bildern, wenn die Bilder also hintereinander ablaufen, so wie das der Autor von walking in the yellow ja auch tatsächlich oft mit seinen Bildfolgen macht, bei einem solchen Film schaut der Zuschauer wie von aussen in eine Geschichte, in einen geschichtlichen Bildablauf hinein. Als Kinogänger sind wir uns das gewohnt. Es ist uns ganz selbstverständlich.

Der Kinogänger geht über die Augen, er schaut sich ja mit den Augen die sich abfolgenden Bilder auf der Leinwand oder auf dem Bildschirm an, der Kinogänger geht über die Augen in den Bildraum hinein, in das Bild hinein und verfolgt dort den geschichtlichen Ablauf. Alles  passiert auf der Leinwand und im Innern des Zuschauers.

Der Zuschauer geht über seine Augen hinaus und holt im Akt des Sehens Bilder in sich hinein und einen geschichtlichen Ablauf.

Beim Betrachten von nebeneinander gehängten Bildern, wie z. B. bei walking in the yellow, ist das anders. Wir stehen bei dieser Korridorinstallation einer Bildfolge gegenüber die auf eine Wandlänge von 50m aneinandergereiht ist. Wie eine Filmspule. Wie die nebeneinandergereihten Bilder auf einer Filmspule. Der Zuschauer im Kino wird nun zum Bildbetrachter der sich selbst den Bildern entlang bewegt. Er bewegt sich und schreitet eine Wandlänge von 136 einzelnen, nebeneinandergehängten Bildern ab und lässt sie an sich vorbeiziehen. Er setzt eine Geschichte in Bewegung indem er sich selber bewegt, indem er der Wand entlangschreitet, und ist damit selbst mitten ins Geschehen gesetzt. Nichts läuft ohne dass er sich selbst bewegt. Nichts läuft ohne ihn. Er/Sie kann nicht aussen bleiben und von aussen hineinschauen. Er/Sie muss hineingehen, und das nicht nur mit den Augen wie beim Filmeschauen. Er/Sie geht hinein, in den Raum hinein mit seiner/ihrer ganzen physischen Präsenz. Er/sie geht mit seiner/ihrer ganzen physischen Präsenz in eine Geschichte hinein und wird darin selbst Protagonist (Hauptdarsteller)

Die Dauer der Geschichte variiert je nach Geschwindigkeit, in der der Ausstellungskorridor durchschritten wird. Der Korridor könnte unter Umständen auch leer sein, und vielleicht einfach gelb ausgemalt. Man würde dann einen gelben Korridor durchschreiten. Walking in the yellow als Werk- und Performancetitel wäre durchaus auch dafür passend.

Man könnte in gelber Kleidung, gelb eingekleidet einen gelben Korridor von 50m Länge durchschreiten. Das ist doch durchaus vorstellbar.

Der Korridorraum bei walking in the yellow ist aber nicht leer. Das heisst, zur Geschichte des Durchschreitens eines Korridors kommt etwas dazu.

Zuerst einmal ist nicht alles gelb, sondern gelb als Farbe ist vorherrschend, fällt als Farbe in besonderem Masse auf. Als zweites wird sie im Verhältnis , in der Beziehung, in Bezug zu den anderen Farben des Farbspektrums gesehen, und als drittes beherrscht sie nicht einfach den Vordergrund und stiehlt sozusagen den anderen Farben die show, sondern tritt punktuell sowie periodisch in der Vordergrund und von da wieder zurück in den Hintergrund, und als viertes verbindet sie, selbst in ihrer partiellen Abwesendheit, die Werkeinzelteile miteinander.

Der Ausstellungsbesuchende und als solcher der den Ausstellungskorridor durchschreitende Protagonist begegnet 303 Werkeinzelteilen, läuft an 303 untereinander unverbundenen Werkeinzelteilen vorüber die er/sie durch das Anschauen, das zur Kenntnis Nehmen miteinander verbindet.

Er ist dabei Protagonist in zweierlei Hinsicht. Einmal durch das körperliche Durchschreiten des Korridorraumes. Dann durch das zur Kenntnis nehmen, durch den Akt des zur Kenntnis Nehmens, durch den  und in dem und auf Grund dessen er die im Ausstellungsraum untereinander unverbundenen Einzelteile der Installation in seinem Innern, in seinem Bewusstsein miteinander verbindet und verknüpft und mental miteinander in Verbindung hält um sie auf den Bezug untereinander zu untersuchen. Selbst wenn er die Dinge getrennt voneinander sieht, in seiner Wahrnehmung nimmt er alles voneinander Getrennte und einzeln in Erscheinung Tretende in einer Art Gesamtsicht miteinander verbunden, auf dem Bewusstseinsfilm miteinander verbunden, auf.

                                                                         Nocheinmal, Die 303 Werkeinzelteile bei der Korridorinstallation walking in the yellow sind ohne Verbindung zueinander, jedes einzelne Teil steht physisch isoliert für sich, in einer Anordnung zwar, aber ohne Berührung und physische Aneinanderbindung, der Ausstellungsbesucher/ die Ausstellungsbesucherin ist es, der/die die Dinge aus der Isolation heraus löst und miteinander verbindet, sie in Zusammenhang zueinander setzt, wie auch immer das angestellt wird, durch den Akt der Zurkenntnisnahme des anwesenden Materials. Inklusive der eigenen performativen Einkleidung, setzt der Ausstellungsbesucher/die Ausstellungsbesucherin als Autor/Autorin all diese Dinge zu einer Geschichte in seinem/ihrem Bewusstsein zusammen. Er/sie ist Protagonist/Protagonistin und als solche Autor und Autorin einer Geschichte, einer Werkgeschichte die er/sie auf Grund einer räumlich linearen Anordnung von 303 Werkeinzelteilen die er/sie zur Kenntnis nimmt produziert, mental produziert, differenziert oder weniger differenziert, je nach Veranlagung.

Nochmals, beim Film, bei den filmisch ablaufenden Bildern geht der Zuschauer in den Film hinein und identifiziert sich mehr oder weniger mit der ablaufenden Geschichte. Beim Anschauen von nebeneinander hängenden Bildern und Objektanordnungen produziert der Betrachter einen Film in dem er das Gesehene mental, in seinem Kopf und Bauch und wo auch immer , in der Erinnerung abrufbar, nebeneinander und nacheinander angeordnet sieht und in diesem in der Erinnerung abrufbaren Material miteinander verbunden.

Insofern weist diese als Performance deklarierte Begehung der Korridorinstallation auf einen alltäglichen Akt des Bilder und Bildsequenzen miteinander Verknüpfens hin, bewegt sich ja doch der Mensch immer räumlich linear, korridorartig herum und verknüpft andauernd visuelle und allgemein Sinneseindrücke auf irgendeine Weise miteinander zu einer Art in der Erinnerung abgespeichertem  Film und ist somit vor allem  Protagonist in einer eigenen Geschichte und als solcher auch Autor dieser Art Bild- und Erlebnisgeschichte, Bewusstseinsgeschichte und  Bild- und allgemeine Eindrücke-Verknüpfungsaktion.

publikumbesprechung.pdf